WM 2022 - HATU

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WM 2022

T H E M A
Norbert Blüm in Katar:

«Scheisshaus für die Arbeiter und Logen für Hr. Blatter»
Auf wenigen Quadratmetern leben gleich mehrere Arbeiter zusammengepfercht.


Die unsägliche Lage der ausländischen Arbeiter auf den Baustellen der Fussball-WM in Katar hat sich nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation «Amnesty International» nicht gebessert. Der ehemalige Deutsche Arbeitsminister Norbert Blüm hat schockierende Einblicke in die Lebensbedingungen der Arbeiter vor Ort erhalten. Was er zu berichten hat, lässt nur einen Schluss zu:  
Die WM darf nicht in Katar stattfinden!
«Ich wünsche, dass der Herr Blatter hier mal 14 Tage lebt. Dann vergibt er vielleicht nicht mehr Weltmeisterschaften in Länder, in denen solche Zustände sind», sagt der ehemalige Deutsche Arbeits- und Sozialminister und CDU-Politiker Norbert Blüm. Für «Stern TV» ist er Ende April nach Katar gereist, wo die Vorbereitungen auf die Fussball-WM laufen.

Seine Kritik ist vernichtend. Als Tourist getarnt, da keine offizielle Drehbewilligung vorlag, traf er auf skandalöse Arbeitsbedingungen. Blüm hatte einen handfesten Fragekatalog: «Wie sind die Verhältnisse in Katar? Wie sind die Arbeiter untergebracht? Unter welchen Bedingungen müssen sie arbeiten? Haben sie anständige Löhne?», wollte er wissen. Auf alle diese Fragen bekommt Blüm seine Antworten, aber nicht von offizieller Seite.

«Unter aller Sau!»
Die Mega-Baustellen werden durch kilometerlange Zäune abgeschottet. Es ist praktisch unmöglich, auf das Areal zu gelangen. Die Aufnahmen erfolgen mit versteckter Kamera. Der bald 80-jährige Blüm riskiert, jeden Moment verhaftet zu werden.

Bis zu 14 Stunden am Tag schuften die meist ausländischen der 1,5 Millionen Arbeiter auf den Baustellen. Mit ihnen zu sprechen ist sehr riskant. «Dass wir hier Versteck spielen müssen. Dass wir hier mit den Leuten nicht reden können, das zeigt doch das schlechte Gewissen», so ein sichtlich enervierter Blüm. Nicht nur die Arbeitsbedingungen in der Hitze sind katastrophal, auch die Unterkünfte für die Arbeiter sind menschenunwürdig.

Blüm beschreibt es so: «Die leben hier auf engstem Raum. Und das nicht nur 14 Tage, sondern so lange sie hier arbeiten. Sie haben nichts, was ihnen gehört, keinen privaten Raum. Und die sanitären Verhältnisse sind unter aller Sau!» Und weiter: «Scheisshaus und Dusche für die Arbeiter und Logen für Herrn Blatter. Jetzt frage ich den Herrn Blatter: Hat er sich das vorgestellt, als er die Weltmeisterschaft nach Katar vergab?»

Auch für die Rolle des Fussball-Weltverbandes FIFA findet Blüm klare Worte: «Darauf kann die Fussball-Welt wirklich nicht stolz sein. Das ist der Preis für dieses ganze Funktionärs-Getue.»

«Arbeiter sterben im Schlaf»
Blüm schafft es während seines fünftätigen Aufenthalts doch noch, mit einigen Arbeitern zu sprechen. Auch hier erhält er schockierende Aussagen, als ein indischer Familienvater erklärt: «Morgens um 5:45 Uhr fangen wir an. Meistens müssen wir bis 18:30 Uhr arbeiten. Manchmal aber auch bis 20:30 Uhr. An sechs Tagen pro Woche. Dann kommen wir hierher und essen was und dann legen wir uns wieder schlafen. Viele trinken Alkohol um das auszuhalten.» Er habe schon viele Arbeiter sterben sehen, sagt ein anderer. «Den genauen Grund für den Tod kenne ich nicht. Ich weiss nur, die kommen von der Arbeit, legen sich hin und sterben im Schlaf». Nach Schätzung werden bis zum Beginn der WM mehr als 4000 Arbeiter sterben.
Amnesty International resigniert
Trotz anders lautender Versprechungen des Golfemirats seien die Gastarbeiter weitgehend rechtlos, stellt ein Bericht von Amnesty International (AI) derweil fest. «Hoffnungen auf echte Fortschritte schwinden dahin», hält der Bericht fest. «AI» hatte der Regierung von Katar vor anderthalb Jahren einen Katalog von Massnahmen vorgeschlagen, um das Los der Arbeiter zu verbessern. «In der Praxis hat es aber seitdem keine signifikanten Fortschritte gegeben», sagt ein Mitarbeiter von «AI».

Ausländische Arbeiter seien ihren Arbeitgebern weiterhin ausgeliefert. Ohne gesonderte Erlaubnis könnten sie ihre Jobs nicht kündigen und das Land nicht verlassen, da ihnen die Pässe abgenommen werden. Gegen die unmenschlichen Wohnverhältnisse, gesundheitsschädigende Arbeitsbedingungen und nicht ausbezahlte Löhne seien sie machtlos.

«Zurück in die Sklavengesellschaft»
Was muss noch geschehen, bis die FIFA handelt? Und was geschieht nach der WM mit den Stadien? Auch dazu hat Blüm seine Recherchen gemacht. Blüms Fazit am Ende. «Hier siehst du Menschen, die entwürdigt werden. Ausgebeutet, zurück in die alte Sklavengesellschaft. Und das mit Hilfe des hoch angesehenen Fussballs. In diesem Land darf keine Fussballweltmeisterschaft stattfinden, wenn der Fussball sich nicht selbst um seinen guten Ruf bringen will.»

Für die Arbeiter hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. 
Die einzige Veränderung ist, dass die katarische Regierung die Leugnung der Realität ausgeweitet hat!     Juli 2017


                     
 
 
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